Stufenwinkel und Wechselwinkel

 

Unterrichtsstunden:

1

Inhaltsziele:

Erarbeitung von Stufen-, Wechsel- und Nachbarwinkelsatz

Voraussetzungen:

Scheitel- und Nebenwinkelsatz

Unterrichtsformen:

Unterrichtsgespräch

Computereinsatz:

Lehrerrechner & Beamer

DynaGeo-Dateien:

Eratosthenes.geo; Parallelenkreuzung

 

Hintergrundinformation zu Eratosthenes:

Abb. 1

Eratosthenes wurde um 276 v. Chr. in Kyrene (heute Schahhad, Libyen) geboren. Er starb ca. 195 v. Chr. in Alexandria. Eratosthenes war einer der größten Wissenschaftler seiner Zeit. Er beschäftigte sich unter anderem mit Geographie, Astronomie und Mathematik, entwarf eine Erdkarte, stellte einen Sternenkatalog mit 675 Sternen zusammen und erfand ein Verfahren zum Auffinden von Primzahlen („Sieb des Eratosthenes“). Außerdem leitete er die berühmte Bibliothek von Alexandria.

 

Einstieg:

Zu einer Zeit, in der allgemein noch die Meinung vorherrschte, die Erde sei eine Scheibe, war Eratosthenes bereits davon überzeugt, dass die Erde kugelförmig ist. Ihn interessierte nun die Größe dieser Kugel. Um die Länge des Erdumfangs zu bestimmen, ging er folgendermaßen vor: Er wusste, dass der Obelisk auf dem Marktplatz in Assuan (damals Syene) in Oberägypten am 21. Juni (nach heutiger Zeitrechnung) jeden Jahres zur Mittagszeit keinen Schatten wirft. Die Sonne steht also zu dieser Zeit genau senkrecht über diesem Obelisk. In Alexandria, das 5000 Stadien (ca. 1000 km) nördlich von Assuan liegt, stand auch ein Obelisk auf dem Marktplatz. Dieser warf zur gleichen Zeit einen deutlich erkennbaren Schatten. Eratosthenes hat den Winkel gemessen, den die Sonnenstrahlen mit dem Obelisken (der Vertikalen) in Alexandria einschlossen. Der Winkel betrug 1/50 des Vollwinkels. Wie konnte Eratosthenes damit den Erdumfang bestimmen? Welches Ergebnis erhielt er?

 

Erarbeitung:

Gemeinsam wird im Unterrichtsgespräch die Gesamtsituation erarbeitet und eine grobe Tafelskizze hergestellt. Die Skizze wird nach und nach mit den Schülern vervollständigt. Es wird (ggf. mit dem Hinweis, dass die Sonne sehr weit von der Erde entfernt ist) festgehalten, dass die Sonnenstrahlen (fast) parallel auf die Erde fallen.

Abb. 3

Abb. 4

Abb. 5

Abb. 6

 

Wenn die Skizze soweit gediehen ist, wie in Abb. , kann man mit dem Hinweis auf eine sauberere Darstellung zur Datei Eratosthenes.geo wechseln. Mit dem oberen Schieber („Winkel“) lassen sich die blauen Winkelmarkierungen der beteiligten Winkel anzeigen.

Abb.

Abb. 8

Abb. 9

Wichtige Impulsfragen für die Erarbeitung:

Ø      Was hat ein Winkel (insbesondere auch der gemessene) mit der Frage nach dem Erdumfang zu tun?

Es wird darauf hingearbeitet, dass mit dem Mittelpunktswinkel auch die Länge des zugehörigen Kreisbogens größer wird. Zum Vollwinkel gehört also der ganze Erdumfang. Damit gehört zu einem fünfzigstel des Vollwinkels auch ein fünfzigstel des Umfanges.

Ø      Wie hängt der gesuchte Mittelpunktswinkel mit dem an der Spitze des Obelisken in Alexandria gemessenen Winkel zusammen?

Antwort: Sie sind vermutlich beide gleich groß.

Ø      Wie kann man sich das klarmachen? Wie kann man es begründen?

Hier kommt kann man sehr anschaulich mit einer Bewegung argumentieren: Wenn man den Winkel am Obelisken entlang seines einen Schenkels verschiebt, so bleibt sein zweiter Schenkel immer parallel zu seiner Ausgangslage. Führt man diese Verschiebung mit Hilfe der Datei Eratosthenes.geo durch (unterer Schieber „Winkelverschiebung“), so wird dies offensichtlich. Schiebt man den Winkel so weit, dass sein zweiter Schenkel mit dem „Sonnenstrahl“ durch den anderen Obelisken zusammenfällt (vgl. Abb.  Abb. ), so erkennt man, dass die Scheitelwinkelkonfiguration entsteht.[1] Folglich sind die beiden Winkel gleich groß.

Abb.

Zusammenfassung und Verallgemeinerung:

An Hand der Datei Parallelenkreuzung.geo (vgl. Abb. 10) wird noch einmal (Unterrichtsgespräch / Beamer!) vertieft, dass Stufen- und Wechselwinkel gleich groß sind. Zusätzlich wird erarbeitet, dass sich Nachbarwinkel zu 180° ergänzen. Dies geschieht jeweils mit Hilfe der Winkelverschiebung sowie dem Scheitel- bzw. Nebenwinkelsatz.

Abschließend wird die Gerade g2 am Punkt P verdreht, so dass sie nicht mehr parallel zu g1 ist. Die offensichtliche Folge ist, dass Stufen- und Wechselwinkel nicht mehr gleich groß sind und Nachbarwinkel sich nicht mehr zu 180° ergänzen. à Es werden der Stufen-, Wechsel- und Nachbarwinkelsatz jeweils in der „Genau dann, wenn …“ - Form ins Heft geschrieben.

Hausaufgabe:

Übliche Aufgaben zum Winkelvergleich. Bitte lassen Sie die Schüler immer auch mit der Winkelverschiebung begründen (expliziter Arbeitsauftrag)!

1              Innenwinkelsumme im Dreieck

 

Unterrichtsstunden:

1

Inhaltsziele:

Erarbeitung des Innenwinkelsummensatzes für Dreiecke
Einblick in die Bedeutung von Axiomen

Voraussetzungen:

·         Scheitelwinkelsatz

·         Winkelverschiebung (kann hier evtl. auch erst erarbeitet werden)

·         Als Hausaufgabe auf diese Stunde hat jeder aus einem DIN A5-Blatt ein Papierdreieck ausgeschnitten und die Innenwinkel mit drei verschiedenen Farben gefärbt.

Unterrichtsformen:

Unterrichtsgespräch (Lehrervortrag)

Computereinsatz:

Lehrerrechner & Beamer

DynaGeo-Dateien:

Innenwinkelsumme

Aussenwinkelsatz

 

Abb.

 

Abb.

Motivation:

Im Anschluss an die vorhergehende Stunde wird noch einmal die Frage aufgeworfen, wie man den Winkel an der Spitze des Obelisken überhaupt messen kann und ob man dazu wirklich hinaufklettern muss… à Zusammenhang zwischen der Winkelgröße zweier Winkel im Dreieck und dem dritten Winkel wird gesucht (vgl. Abb. 11). Oder: Wie groß sind alle drei Innenwinkel eines Dreiecks zusammen?[2]

Um zu ersten Vermutungen zu kommen, wie man die Summe aller Innenwinkelgrößen im Dreieck am besten messen kann. à Alle Winkel zusammenbringen und die Winkelsumme direkt messen (kleinerer Messfehler). à Winkel abreißen und zusammenlegen (vgl. Abb. 12). à Auftrag: Sehr genau mit Geodreieck messen. à Ca. aber nicht genau 180°. à Beweis ist nötig um sicher zu sein.

 

Ein präformaler Beweis wird im Unterrichtsgespräch erarbeitet:

Abb. 13

Abb. 14

Abb. 15

Abb. 16

Es wird erarbeitet, dass man offensichtlich die drei Winkel „zusammenbringen“ muss, um die Innenwinkelsumme zu erfassen. Die Schüler machen Vorschläge, wie das zu bewerkstelligen ist. Es wird nun mit der Datei Innenwinkelsumme.geo gearbeitet. Mit Hilfe der Winkelverschiebung (vgl. Abb. 13 bis Abb. ) werden die drei Winkel „zueinander gebracht“. (Hierbei wird thematisiert, dass bei einem Winkel, den man entlang eines seiner Schenkel verschiebt, offensichtlich der zweite Schenkel immer parallel zu seiner Ausgangslage bleibt.[3])

Ø      In der so entstandenen Figur bilden die beiden zweiten Schenkel des blauen und des roten verschobenen Winkels zusammen gerade eine Parallele zu AB durch C[4], können also als Schenkel eines gestreckten Winkels aufgefasst werden (Winkelmaß: 180°)!

Ø      D. h. aber, dass der blaue und der rote Winkel, zusammen mit dem fehlenden Winkel dazwischen, gerade eine Winkelsumme von 180° ergeben.

Ø      Da die ersten Schenkel der beiden Winkel jeweils auf den Geraden AC bzw. BC liegen, (sie wurden ja nur auf ihnen entlang geschoben!) sind der grüne Winkel und der fehlende Winkel gerade Scheitelwinkel!

Ø      Folglich ist der fehlende Winkel genau so groß wie der grüne Winkel (Scheitelwinkelsatz).

Ø      Ergebnis: Der rote, der grüne und der blaue Winkel ergänzen sich zu einem gestreckten Winkel. Ihre Winkelsumme beträgt folglich 180°.

Ø      Damit ist der Innenwinkelsummensatz bewiesen!

Ø      Nun wird vom Lehrer die Frage aufgeworfen, welche „Hilfsmittel“ / Voraussetzungen benutzt wurden, um den Satz zu beweisen. Es wird auf den Scheitelwinkelsatz und die „Tatsache“ hingearbeitet, dass beim Verschieben eines Winkels entlang seines einen Schenkels der zweite Schenkel parallel zu seiner Ausgangslage bleibt. Letzteres wird als „Winkelverschiebungsaxiom“ bezeichnet.

 

Die bisherigen Ergebnisse der Stunde werden an der Tafel festgehalten (vgl. Abb. ). Dabei sollte darauf hingearbeitet werden, dass sowohl das Winkelverschiebungsaxiom als auch der Innenwinkelsummensatz von Schülern formuliert werden. Nachdem das Dreieck ΔABC gezeichnet ist, sollten die Schüler wieder dazu aufgefordert werden, den Inhalt des Satzes in Form einer Gleichung mit den Winkelgrößen α, β und γ zu formulieren.

 

 

Innenwinkelsumme im Dreieck

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Winkelverschiebungsaxiom:

Wird ein Winkel in der Zeichen­ebene entlang eines Schenkels verschoben, so bleibt der andere Schenkel immer parallel zu seiner Ausgangslage.

Satz: Innenwinkelsumme im Dreieck

   Bei einem Dreieck der Zeichenebene beträgt die Summe der Größen der drei Innenwinkel 180°.

 

            

a + b + g = 180°

 

Abb.

 

Der Lehrer thematisiert anschließend in einem Lehrervortrag, warum es notwendig war, das Winkelverschiebungsaxiom aufzuschreiben. Dazu arbeitet er mit einem großen Wasserball, auf dem ein Kugeldreieck mit (mindestens) zwei rechten Winkeln aufgemalt oder mit farbigem Klebeband aufgeklebt ist. Ein aus Papier ausgeschnittenes rechtwinkliges Dreieck (steht für einen der Innenwinkel) wird entlang eines seiner Schenkel verschoben. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass die Verlängerung des zweiten Schenkels seine eigene Ausgangslage schneidet. D. h. aber, dass auf der Kugel das Winkelverschiebungsaxiom nicht gilt! Die Folge ist (Nachmessen der Innenwinkel mit einem großen Geodreieck!), dass auch der Innenwinkelsummensatz für Dreiecke auf der Kugel nicht gültig ist!

 

Abb.

Hausaufgabe:

Jeder Nebenwinkel eines Dreiecksinnenwinkels ist Außenwinkel des Dreiecks.

a)     Wie viele Außenwinkel besitzt jedes Dreieck?

b)     Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Außenwinkeln (Nebenwinkel eines Innenwinkels) und den beiden nicht anliegenden Innenwinkeln? Stelle eine Vermutung auf und „beweise“ sie analog zum Beweis der Innenwinkelsumme. Schreibe auf, wie du dabei vorgehst.

c)      Formuliere deine Ergebnisse in einem Satz (Außenwinkelsatz).

 

(Eine Besprechung erfolgt anhand der Datei Aussenwinkelsatz.geo (vgl. Abb. ).)

 

 

Anmerkung:

Nach dieser Einheit sollten Sie gemäß Lehrplan die Innen- und Außenwinkel beim Viereck untersuchen und evtl. mit den Schülern die allgemeine Formel für die Innenwinkelsumme bei n-Ecken erarbeiten.



[1] Eigentlich wird zusätzlich das Parallelenaxiom benötigt. Dies wird hier aber aus Vereinfachungsgründen nicht thematisiert. (Parallelenaxiom: Zu einer Geraden gibt es durch einen Punkt außerhalb dieser Geraden genau eine Parallele.)

[2] Wenn Sie nicht in der vorgeschlagenen Reihenfolge arbeiten, können Sie auch direkt mit dem „Winkelabreißen“ beginnen.

[3] Dazu wird während der Bewegung mehrfach innegehalten und die Frage nach der gegenseitigen Lage des zweiten Schenkels des verschobenen Winkels und seiner Ausgangslage (also der Dreiecksseite) gestellt. (Unterrichtsgespräch / Beamer)

[4] Eigentlich wird zusätzlich das Parallelenaxiom benötigt. Dies wird hier aber aus Vereinfachungsgründen nicht thematisiert. (Parallelenaxiom: Zu einer Geraden gibt es durch einen Punkt außerhalb dieser Geraden genau eine Parallele.)